Netherlands |
DI Christoph Hiesberger, Rotterdam
Kontakt: christoph.hiesberger@alumni.boku.wien
Planer beim Waterpas Civiel Adviesbureau B.V.
DI Bernd Müller-Fembeck, J.L. Hilversum 
Kontakt: bernd.mueller-fembeck@alumni.boku.wien
Der 40-jährige Bernd Müller-Fembeck studierte Lebensmittel- und Biotechnologie mit Schwerpunkt auf Enzymtechnologie. Seit einem guten Jahr lebt der Niederösterreicher nun in den Niederlanden, wo er bei Givaudan, einem internationalen Betrieb, der Aroma- und Riechstoffe produziert, als „regulatory specialist“ arbeitet.
Interview
- Was ist anders in Ihrem jetzigen Aufenthaltsland als in Österreich? Was vermissen Sie am meisten? Was vermissen Sie absolut nicht?
Die Landschaft wird stark durch das Wasser geprägt (Meer, Deiche, Kanäle). Hier spielt das Radfahren mit eigenen Fahrradstreifen und eigenen Ampelregelungen eine besondere Rolle. Angenehm sind die längeren Öffnungszeiten der Geschäfte. Die Krankenversicherung ist hier anders geregelt (Mindestversicherung für 100 Euro im Monat, die ersten 176 Euro für Behandlungen etc. muss man selbst entrichten, die Arzthonorare zahlt man teilweise selbst und reicht dann auf Rückvergütung bei seiner Krankenkassa ein). Die Lebenserhaltungskosten sind hier höher als in Österreich. Wohnen ist teurer als in Österreich, vor allem in den Ballungsräumen wie z.B. um Amsterdam. Solange man nicht in der Stadt oder in dem Dorf, in dem man wohnt, registriert ist, ist eine Anmeldung bei der Krankenversicherung bzw. eine Autoanmeldung nicht möglich. Jugendliche beginnen schon sehr früh neben der Ausbildung Geld zu verdienen (Zeitungsaustragen, Regaleschlichten im Supermarkt). Am meisten vermisse ich meine Tochter und meine alten Freunde in Österreich.
- Warum haben Sie sich entschieden, im Ausland zu arbeiten?
Im letzten Jahr habe ich mich von meiner Lebensgefährtin getrennt. Als ich dann fast zeitgleich in einem Fachmagazin die Stellenausschreibung meines heutigen Jobs las, habe ich einen Neuanfang in meinem Leben gewagt. Meine Berufserfahrung, die ich in einer ähnlichen Position bei der österreichischen Firma esarom gmbh sammeln konnte, hat mir geholfen diese Bewerbung positiv abzuschließen.
- Wie gut haben Sie sich an Ihrem neuen Lebensmittelpunkt bereits eingewöhnt? Haben Sie viele Kontakte? Was ist Ihnen ans Herz gewachsen?
Ich habe mich bereits ganz gut an meinen neuen Lebensmittelpunkt gewöhnt. Durch einen von meiner Firma finanzierten Sprachkurs kann ich schon ganz gut Niederländisch, sodass ich Einkaufen, Arztbesuche und andere Alltagsangelegenheiten in der Landessprache erledigen kann. Die eigene Sprache ist den Niederländern sehr wichtig, als „Zugraster“ wird man erst akzeptiert, wenn man Holländisch spricht. Im Laufsportklub habe ich erste Bekanntschaften gemacht, mit meinen Nachbarn bin ich im Kontakt und mit meinen neuen Arbeitskollegen habe ich die ersten Freundschaften geschlossen.
- Wie unterscheidet sich Ihr Leben – Arbeits- wie Privatleben – nun von Ihrem Leben in Österreich? Gibt es Dinge, die Sie vielleicht zuhause niemals getan hätten? Hobbys, Alltagsrituale und Gewohnheiten?
Im Arbeitsleben habe ich jetzt eine sehr flexible Arbeitszeitregelung mit echter Gleitzeit. Die Kommunikation erfolgt dafür fast ausschließlich über E-Mail und Telefonkonferenzen und nur mehr zu einem kleinen Teil via persönliche Kontakte. Hier habe ich die Möglichkeit mit dem Rad in die Arbeit zu fahren. Die nahe Großstadt Amsterdam besuche ich privat fast ausschließlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die täglichen Einkäufe kann ich jetzt auch zu Fuß oder mit dem Rad erledigen. Seit April übe ich mein Hobby Laufen im hiesigen Laufsportklub aus. Ich habe mir auf meinem Balkon einen kleinen Kräutergarten angelegt und nutze die Kräuter zum Kochen und zum Tee machen. Beim Radiohören bin ich der Klassik treu geblieben, statt Ö1 heißt der Sender nun Radio 4. Zum Üben des Sprachverständnisses höre ich auch gern den Sender 100 % NL, der sich ganz der niederländischen Popmusik verschrieben hat. Über Kabelfernsehen kann ich auch weiterhin Dokumentationen von Arte und ZDF genießen. Ich habe auch die Kommunikation via Skype sehr schätzen gelernt.
- Haben Sie das Gefühl, das Leben in einem anderen Land hat Ihren Horizont erweitert? Haben Sie neue Sichtweisen gewonnen und wenn so, welche?
Ja, auf jeden Fall erweitert das Leben in einem anderen Land meinen Horizont. Mit jeder neuen Sprache öffnet sich die Tür zu einer neuen Welt. Es ist spannend, das Thema Integration einmal von der Seite des Ausländers zu erleben.
- Würden Sie diesen Schritt, ins Ausland zu gehen (zum Studieren bzw. Arbeiten) wei-terempfehlen? Welche Eigenschaften sollte man mitbringen? Worauf sollte man sich einstellen, sprich, welche Erwartungen sind realistisch?
Ja, ich würde den Schritt ins Ausland zu gehen weiterempfehlen. Als Eigenschaften sollte man Ungebundenheit, Organisationstalent, Freude an Sprachen mitbringen. Man sollte eher extrovertiert sein, offen auf Menschen zugehen und man sollte (zumindest am Anfang) auch nur mit sich allein gut zurechtkommen können. Man sollte sich darauf einstellen, dass neue Bekanntschaften und Freundschaften Zeit zum Entstehen und Wachsen benötigen und dass Ausländer (auch aus der EU) nicht immer und überall mit offenen Armen empfangen werden.
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Romania |
Adrian Enache, MScMF FOTO Adrian Enache
Kontakt: adrian.enache@alumni.boku.wien
Adrian Enache aus Rumänien studierte Mountain Forestry und machte dabei seinen Master an der BOKU, außerdem war der 29-Jährige als Student in Spanien und als Praktikant in Finnland und Belgien. Nun arbeitet er in Brasov in einer Beratungsfirma für Forsttechnik und nimmt an einem internationalen PhD-Programm der Transilvania University und der BOKU teil.
Interview
- What is different in the country in your home country than in Austria? What did you miss from your home country when you were in Austria?
There are of course differences at several levels, starting from history and culture, including people´s behaviour, the education system, public administration and the way of living and so on. On one hand, Romania, a country with Latin origins which has past the transition period towards capitalism after the communism fell in 1989, has its own pace of development. The main peculiarity of Romania is the huge potential for investments and development, due to rich natural resources, highly qualified people, good geographical position and availability of financial funds from EU. However, being in the early stage of understanding the capitalism and implementation of free market rules and regulations, Romania hasn´t fully fructified yet this potential, especially due to poor infrastructure (e.g. lack of highways, poor railways system), bureaucracy and corruption. Hence, this gives a lot of space for improvement, by enhancing public administration system through good governance and by learning from other EU member states success stories. People are highly hospitable, charming, open for new. On the other hand, Austria is an example of a profitable business oriented nation in sectors like: tourism, medical services, natural resources, renewable energy and industry. It is a country with an approach oriented to performance and measurable results, where the focus is given to feasibility, team working, sustainable development and good management practices. If I have to point out what I miss from Austria, it is the rigorous time management, the social and personal responsibility of the people. The vast majority of people knows its role in the society, what to do, when to do and how to do, and respectively understands the importance of its actions as a part of a chain. When being in Austria I missed the speed of life, the restlessness, the dynamism and the unpredictable Latin blood of Romanian people. On the other hand I could enjoy the peacefulness and tranquillity of life, like part of a Mozart composition, the cultural richness and the harmony of puzzle pieces put altogether in a rigorous and precise manner.
- Why did you decide to go to work/study in another country?
My first experience abroad was as Erasmus student in Spain in 2003-2004, and since then I experienced studying, working and living in Austria, Finland and Belgium. I believe it is an enriching and challenging life experience for a person, since one has a lot of things to learn: a new language, the history of a nation, or to adapt to a new social, cultural, working or gastronomic environment, respectively to habits that one has never been used with. Living abroad brings you more added values both on professional and personal level, through the (intercultural) exchanges of experiences, views, ideas with people from the same or other fields of study/work. In the same time it enriches the other people too, through your feedback as a foreigner, and through the new approach that you may bring within that environment. It´s a continuous process of giving and receiving important information, which finally reflects in the personality and the development of people which experiences the life abroad, by broadening his/her horizons.
- How well have you accustomed yourself to the new surroundings? Have you many social contacts? Has something got really grown on you?
Being a very dynamic and flexible person I easily adapted to the new environments of living, studying and working. Of course, one important asset gained during living abroad was the enhancement of friends, social and working networks.
- Do you think that the experience abroad has broadened your horizon? Have you got to know other perspectives and attitudes? For example?
The answer is simply YES. As I said before, it is important to meet with new attitudes, new habits and new perspectives of studying, working and living. The multicultural and international living environment made me understand the importance of flexibility, mind openness and adaptability to different working environments. For example, social and cultural behaviour from developing countries like Nepal, Bangladesh or Ethiopia strongly influence and affect the way certain management practices (proved to be good in developed countries, such as Austria) are being implemented in those specific countries.
- Would you advise to go abroad (to work or study)? Which adjectives should one bring with? What should one expect respectively which expectations are realistic?
Of course yes. Actually, I do promote this idea among students from my university, or among my friends and social networks. I advise them to believe in their own, to be self confident, persuasive and opened for challenges, to experience studying or working abroad, because this is a very healthy way to improve our abilities and skills. In a globalizing economy process, nowadays studying and working abroad is as important as learning a foreign language, therefore I warmly recommend it to everybody that feels he/she is capable of making a difference in his field, towards sustainable development.
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Sweden |
DI Günther Reichenberger
Kontakt: alumni@boku.ac.at
Der 50-jährige Günther Reichenberger ist eigentlich Landschaftsökologe (plus Studium von Plant Sciences in den USA). Zwölf Jahre lang war er für Pioneer Saaten in Osteuropa unterwegs, seit 2003 lebt er nun in Schweden, wo er nach Anfängen bei einer Saatgut Firma zur Gesundheitsvorsorge kam und nun in einer Biotechnologie-Firma arbeitet.
Interview
- Was ist anders in Ihrem jetzigen Aufenthaltsland als in Österreich? Was vermissen Sie am meisten? Was vermissen Sie absolut nicht?
Man denkt, auch zu Recht, dass Schweden und Österreich einiges gemeinsam haben sollten, schon wegen der historischen Beziehungen Bruno Kreiskys mit Olof Palme, doch weiß man, dass die wirklichen Unterschiede erst bei intensiverer Kenntnis eines neuen Landes und des-sen Sprache sichtbar werden, und wesentlich subtiler sind, als dass sie sich schon bei der ers-ten Ferienreise zeigen könnten. Schweden ist ein wunderschönes Land toleranter Menschen, die auf der anderen Seite sehr konsensorientiert sind - die bei uns zumal auch sehr engagiert, aber ehrlich geführten Gruppendiskussionen sind hier eher unbeliebt; man einigt sich vorab und so tappt der Österreicher dann bei Besprechungen in der Gruppe auch schon öfters in das so genannte Fettnäpfchen, andererseits laufen die Prozesse hier ruhiger ab und das ist auf Dauer sehr angenehm. Einmal gefundene Entscheidungen werden dann auch sehr konsequent durchgeführt. Viele meiner schwedischen Kollegen haben internationale Berufserfahrung, und trotzdem wird selbst in globalen Firmen wie bei GE intern in weiten Bereichen auf Schwedisch kommuniziert. Ich denke dies ist Ausdruck eines gewissen Selbstbewusstseins in Kombination mit der geographischen Randlage - ich habe diese Form des Schwedischen im Laufe der Jahre - mit einigem Augenzwinkern - zu schätzen gelernt. Auch habe ich die Schweden nicht als jene „kühlen“ Menschen kennengelernt, wie man oft sagt, eher dauert es länger, bis sich ehrliche Freundschaften entwickeln können. Und teuer ist Schweden im Allgemeinen auch nicht (mehr), wenn man gewisse Regeln beachtet; eher emp-finde ich Österreich in den letzten Jahren als teuer. Was ich an Österreich vermisse, ist die Geselligkeit, unsere oft als Gemütlichkeit beschriebene Lebenseinstellung, dass man bei uns immer noch über Dinge reden kann, während in Schweden vieles, wenn auch sehr professionell, doch recht reglementiert erscheint. Auch das gute Essen, das bei uns noch mehr von der Seele kommt; und von den Marillenknödeln gar nicht zu sprechen ......
- Warum haben Sie sich entschieden, im Ausland zu arbeiten?
Nach über 10 Jahren in Österreich nach Schweden zu übersiedeln, war teilweise familiär bedingt, wobei natürlich auch das Jobangebot eine Rolle spielte. Ich fand es überaus interessant, sich aus eigener Kraft in einem anderen Land einen Job zu suchen - ja, das gelingt! So wollte ich ein Angebot 2003 nicht abschlagen, in Uppsala Produkt Manager in einem neuen Aufgabengebiet zu werden, wobei natürlich auch die Tatsache, dass ich damals bereits meinen MBA hatte, eine gewisse Rolle spielte. Meine ersten Aufgaben waren im Bereich Elektrophorese, was die Brücke zur Saatgutindustrie schlug, war doch Elektrophorese dort wichtig zur Qualitätskontrolle von Saatgut.
- Wie gut haben Sie sich an Ihrem neuen Lebensmittelpunkt bereits eingewöhnt? Haben Sie viele Kontakte? Was ist Ihnen ans Herz gewachsen?
Ich würde meinen, dass man sich recht schnell an neue Lebensumstände anpassen kann, wenn ich auch im Innersten immer noch ein Wiener bin, und auch bleiben möchte. Gerade diese positive Auseinandersetzung verschiedener Kulturen bringt ja viele neue Reize und auch beruflich sind meine Ansätze, da etwas anders, interessant für die Schweden. Natürlich assimiliert man sich in einigen Bereichen ganz bewusst, aber ein wenig "Österreicher" zu bleiben ist durchaus reizvoll.
- Wie unterscheidet sich Ihr Leben – Arbeits- wie Privatleben – nun von Ihrem Leben in Österreich? Gibt es Dinge, die Sie vielleicht zuhause niemals getan hätten? Hobbys, Alltagsrituale und Gewohnheiten?
In Vielem ganz wenig, da ich ja sowohl bei Saatgut wie auch in der Biotechnologie im Produktmanagement und Marketing arbeite, sind die grundsätzlichen Arbeitsaufgaben recht ähnlich. Andererseits erfordert das Arbeiten in einem neuen Land und in einer neuen (dritten) Sprache eine höhere Konzentration, so bin ich oft nach einem Arbeitstag recht erschöpft. Andererseits schätze ich die Kleinstadt Uppsala. Ich kann mit dem Rad zur Arbeit fahren (6 km), was kaum länger dauert als mit dem Auto, denn Uppsala ist sehr fahrradfreundlich; auch haben wir in der Stadt ein kleines Schigebiet, den Mälarensee, der bis nach Stockholm reicht, unbeschreiblich schöne Wälder und so habe ich alles in allem mehr Zeit als in Österreich, wo ich täglich von Wien Liesing bis nach Parndorf zur Arbeit fuhr (meist im Stau). Ich hatte Zeit Schilehrer zu werden, im Winter mit vielen glücklichen Kindern in unserer lokalen Schischule und einmal im Jahr bin ich 2 Wochen Schilehrer am Obertauern was mir größte Freude bereitet. Bei den vielen Wäldern und der Natur im Umkreis bin ich auch zum passionierten Läufer geworden, und so fühle ich mich mit 50 körperlich deutlich besser (und leichter!) als mit 40. Auch familiär ist Schweden so weit, dass die meisten meiner männlichen Arbeitskollegen Kinderkarenzzeiten nehmen und danach wieder problemlos in ihre Jobs einsteigen können - was ich in der Form in Österreich nicht erleben durfte.
- Haben Sie das Gefühl, das Leben in einem anderen Land hat Ihren Horizont erweitert? Haben Sie neue Sichtweisen gewonnen und wenn so, welche?
Ganz sicher, einerseits lernt man, dass die grundsätzlichen Wünsche und Träume der Menschen über Kulturen hinweg recht ähnlich sind, was mir auch schon während meines Studiums in den USA auffiel, andererseits die Wege der Verwirklichung sich unterscheiden. Dieser Blick auf das Wesentliche schafft Toleranz.
- Würden Sie diesen Schritt, ins Ausland zu gehen (zum Studieren bzw. Arbeiten) weiterempfehlen? Welche Eigenschaften sollte man mitbringen? Worauf sollte man sich einstellen, sprich, welche Erwartungen sind realistisch?
Ich würde diesen Schritt auf jeden Fall empfehlen, sowohl was ein Studium betrifft als auch zu arbeiten, wobei ich feststellte, dass ein zeitlich begrenztes Studium sich von einer dauer-haften Übersiedlung doch sehr unterscheidet, und dies sollte bewusst sein. In den USA, ob-wohl ich dort über zwei Jahre wirklich intensivst studierte, fühlte ich mich doch immer wieder ein wenig auch als Tourist, ich wusste, wann das Studium enden wird und wann ich wieder nach Wien zurückkehre, hier in Schweden ist die Situation anders. Trotzdem habe ich immer versucht den Kontakt nach Österreich zu behalten, viele „alte“ Freunde rückten sogar wieder näher, weil man die Zeiten die man, zum Beispiel im Urlaub in Österreich verbringt, intensiver empfindet. Ich würde mich einfach mit Offenheit einer neuen Situation nähern, alle oft kolportierten Meinungen über das neue Land beiseiteschieben, um dann mit Neugier einige Überraschun-gen zu erleben. Man sollte sich aber auch bewusst sein, dass das Leben in einem anderen Land anstrengender sein kann, sprachlich zum Beispiel, und dass man selbst bei aller Tole-ranz der Schweden, immer auch ein weniger der „Fremde“ bleibt, sollte man in ganz andere Kulturen übersiedeln, könnte dies noch stärker sein. Beruflich ist es sicherlich positiv, aber für mich weniger aus klassischen Karrieregedanken heraus sondern mehr persönlich, man lernt viel Neues und man sieht die Dinge einfach anders, Toleranz und Verständnis für andere Lösungen, denke ich, kann es ja kaum je genug geben.
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Switzerland |
DI Monika Brazda, Basel/Wintersingen 
Kontakt: monika.brazda@alumni.boku.wien
Die 36-jährige Wienerin Monika Brazda studierte Lebensmittel- und Biotechnologie und arbeitete bereits ein Jahr lang in Südkorea. Nun lebt sie seit fast vier Jahren mit ihrer Familie in der Schweiz, wo sie nun in Mutterschaftsurlaub ist und davor für zwei Jahre bei einem Klein- bis Mittelunternehmen in Basel als stellvertretende Leitung der Qualitätssicherung tätig war.
Interview
- Was ist anders in Ihrem jetzigen Aufenthaltsland als in Österreich? Was vermissen Sie am meisten? Was vermissen Sie absolut nicht?
Nicht viel - die Schweizer, die ich bis jetzt kennen gelernt habe, sind alle freundlich und haben ähnliche Interessen. Im Allgemeinen sind sie vielleicht etwas besonnener und scheinen auf den ersten Blick nicht so ehrgeizig zu sein, was sich aber als falsch herausgestellt hat. Sie überlegen nur sehr genau, was sie tun, damit am Ende ein für sie optimales Ergebnis erreicht wird. Im Alltag ist es sehr leicht sich zurechtzufinden (ich bin im deutschen Teil der Schweiz), Amtswege sind genauso bürokratisch wie bei uns und das Angebot an Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten ist mit dem von Österreich durchaus vergleichbar.
- Was vermissen Sie am meisten?
Richtige Semmeln, Sauerteigbrot mit Roggenmehl und das Wasser zum Kaffee. Aber das ist wahrscheinlich auch echt Wiener Spleen. Was auch noch fehlt, ist leistbare Kinderbetreuung für berufstätige Mütter.
- Was vermissen Sie absolut nicht?
Die „von vornherein Raunzer“
- Warum haben Sie sich entschieden, im Ausland zu arbeiten?
Die Neugier andere Länder kennen zu lernen - die Unterschiede zur eigenen Kultur zu erleben, um einen kritischen Blick auf die eigene zu bekommen.
- Wie gut haben Sie sich an Ihrem neuen Lebensmittelpunkt bereits eingewöhnt? Haben Sie viele Kontakte? Was ist Ihnen ans Herz gewachsen?
Ich denke, ich habe mich schon sehr gut eingewöhnt. Ich wohne derzeit in einem kleinen Dorf in der Nähe von Basel, wo ich schon viele Kontakte knüpfen konnte. Auch durch meine Arbeitsstelle habe ich viele Leute kennen gelernt. Ans Herz gewachsen ist mir hier die Zersiedelung der Schweiz. Man fährt 30 Minuten von der Arbeit heim und ist mitten im Grünen, wo man vom Bauernhof frische Milch und Eier holen kann. Ein Stück Lebensqualität, wie man sie in Wien und den Vororten nicht so leicht finden kann.
- Wie unterscheidet sich Ihr Leben – Arbeits- wie Privatleben – nun von Ihrem Leben in Österreich? Gibt es Dinge, die Sie vielleicht zuhause niemals getan hätten? Hobbys, Alltagsrituale und Gewohnheiten?
Mein Leben unterscheidet sich ziemlich von dem, das ich in Wien geführt habe, allein durch die derzeitige Wohnsituation. Wie schon erwähnt, wohne ich in einem kleinen Kaff, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, und das 30 Minuten von Basel entfernt. Ich habe einen kleinen Garten, den Wald vor der Haustür, mittlerweile vier Kinder und kann mir derzeit nicht vorstellen, so schnell wieder arbeiten zu gehen. Und das liegt nicht nur an den horrenden Preisen für Kinder-Tagesbetreuung. Es ist auch viel leichter Kinder im Grünen aufzuziehen, als in der Stadt (in Südkorea könnte ich mir das gar nicht vorstellen). Fernsehen war in Österreich auch intensiver - eine Gewohnheit die hier nicht so sehr ins Gewicht fällt, da sitzt man dann doch lieber draußen oder bastelt noch was am Haus herum.
- Haben Sie das Gefühl, das Leben in einem anderen Land hat Ihren Horizont erweitert? Haben Sie neue Sichtweisen gewonnen und wenn so, welche?
Auf jeden Fall!! Es lässt mich die ganzen Diskussionen um Ausländer in einem ganz anderen Licht sehen. In Südkorea war es echt schwer sich zu integrieren - da ist einmal die nicht ganz einfache Sprache und dann noch ein ziemlicher kultureller Unterschied. Aber auch in der Schweiz hat es ca. zwei bis drei Jahre gedauert, bis ich Anschluss bei Schweizern gefunden habe. Schwizerdüütsch verstehen dauert eine Weile, und auch nur kleine kulturelle Unterschiede schaffen Missverständnisse und müssen erst beseitigt werden. (siehe wenig Arbeitseifer vs. perfekt machen wollen weiter oben). Aber als ich die Leute dann näher kennen gelernt habe, bin ich drauf gekommen, dass die einzelnen Personen doch immer nur dieselben Grundbedürfnisse stillen wollen - auch in Korea. Aber das kulturelle Umfeld bietet jeweils andere Möglichkeiten der Befriedigung eben dieser. Dadurch müssen sich die Leute anders verhalten und diese Verhaltensunterschiede machen es dann aus, dass Missverständnisse entstehen. Als Ausländer muss man zuerst diese Verhaltensunterschiede erkennen und dann ist es die Frage, wie weit man anerzogene Verhaltensweisen dann ablegen kann und will, um sich zu integrieren - ein wichtiges Grundbedürfnis aller Menschen, die ich bis jetzt kennen gelernt habe, ist in seinem Umfeld integriert zu sein. Ich denke, das ist recht leicht bei ähnlichen Kulturen (D-Ö, D-CH, Ö-CH), wobei es auch schon hier Schwierigkeiten gibt. Und dann sehe ich Wahlplakate mit Ausländer-Raus-Parolen (auch hier in der Schweiz), Politiker, die Kampagnen gegen Ausländer machen. All das macht es Ausländern nicht leicht, sich akzeptiert zu fühlen, auch wenn man einen festen Arbeitsplatz hat und im Dorf integriert ist. Wie geht es dann denen, die geflüchtet sind? Die alles daheim lassen mussten und nicht mehr zurück können - aus welchen Gründen auch immer? Wäre es nicht klüger, ihnen die Unterschiede beizubringen als sie von vornherein als Menschen zweiter Klasse - als Schmarotzer - abzustempeln?
- Würden Sie diesen Schritt, ins Ausland zu gehen (zum Studieren bzw. Arbeiten) weiterempfehlen? Welche Eigenschaften sollte man mitbringen? Worauf sollte man sich einstellen, sprich, welche Erwartungen sind realistisch?
JA, auf jeden Fall. Ich weiß nicht, welche Eigenschaften man mitbringen soll - ich denke jeder schafft es auf seine Art. Wenn das Heimweh zu groß wird, geht man halt wieder. Die meisten Österreicher sind ja in der komfortablen Situation wieder Heim gehen zu können ;-) Ich denke man sollte sich auf eine turbulente Zeit einstellen, in der alles Neue erst verdaut werden muss, aber dann nicht zu enttäuscht sein, wenn sich der Alltag wieder einstellt.
DI Alfred Kammerhofer, MAS, Bern/Zürich 
Bundesamt für Umwelt (BAFU), Sektionschef Kontakt: alfred.kammerhofer@alumni.boku.wien
DI Michael Siegl, Urdorf 
Tiroler Sparkasse Bank AG, Riskmanager Kontakt: michael.siegl@alumni.boku.wien
Michael Siegl arbeitet als Senior Credit Underwriter bei einer Versicherung in Zürich. Der studierte Forstwirt ist verheiratet, liebt seine Familie, die Berge, den Wald und das Meer.
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Spain |
DI Silvia Lorenz 
Kontakt: silvia.lorenz@alumni.boku.wien
Silvia Lorenz wird bald 30 Jahre alt und lebt bereits seit sieben Jahren in Valencia und fühlt sich sehr wohl dort. Studiert hat die Steirerin Lebensmittel- und Biotechnologie und so arbeitete sie zuerst auch zwei Jahre im Lebensmittelbereich und nun ist sie seit eineinhalb Jahren mit Begeisterung für Clinica Baviera, einer der europaweit größten Augenklinikketten, tätig.
Interview
- Was ist anders in Ihrem jetzigen Aufenthaltsland als in Österreich? Was vermissen Sie am meisten? Was vermissen Sie absolut nicht?
Der größte Unterschied ist das Wetter, adiós wochenlang grauer Himmel und bienvenido Sonnenschein! Schlechtwetter ist hier die Ausnahme und das schlägt sich natürlich auch posi-tiv aufs Gemüt und den ganzen Lebensstil nieder. Das Leben spielt sich mehr im Freien ab als zu Hause. Das ist wahrscheinlich der Grund, wa-rum die Spanier durchschnittlich fast doppelt so viel Geld für Auswärts-Essen ausgeben wie die Österreicher. Ein weiterer Unterschied betrifft auch das Essen selbst. Es ist ganz normal zweimal am Tag warm zu essen, wobei Tapas (verschiedenste Häppchen oder Gerichte, die in kleinen Portio-nen zum Teilen serviert werden) hoch im Kurs stehen, wenn man mit mehreren Leuten ge-meinsam isst. Es ist ganz untypisch, dass in Lokalen jeder sein Essen „extra bezahlt“ – nor-malerweise wird die gesamte Rechnung einfach durch alle Beteiligten durchdividiert, egal wer mehr und wer weniger konsumiert hat. Was ich vermisse, sind außer meiner Familie und meinen Freunden natürlich, das österreichische Essen, die schöne Landschaft, der gut organisierte öffentliche Verkehr in Wien und die österreichische Sozialversicherung. Was ich absolut nicht vermisse sind tagelanges Schlechtwetter, nasser Schneematsch und das „Siezen“ von anderen Personen.
- Warum haben Sie sich entschieden, im Ausland zu arbeiten?
Ich wollte immer schon zumindest eine Zeitlang im Ausland leben und wusste von Studien-beginn an, dass ich auf jeden Fall ein Erasmusstipendium beantragen würde – am liebsten in Spanien. Dass es dann tatsächlich dieses Land und genau Valencia wurde, lag letztendlich an einem feschen Spanier, den ich bei einem Englischkurs an der BOKU kennengelernt hatte.
- Wie gut haben Sie sich an Ihrem neuen Lebensmittelpunkt bereits eingewöhnt? Haben Sie viele Kontakte? Was ist Ihnen ans Herz gewachsen?
Ich liebe es, wenn die ganze Stadt nach Orangenblüten riecht. Ich genieße es, in der Altstadt zwischen Gebäuden aus dem 13. Jahrhundert spazieren zu gehen und jeden Samstag am riesi-gen Obst- und Gemüsemarkt einzukaufen und finde es herrlich, dass ich immer, wenn ich Lust dazu habe, einfach so an den Strand gehen kann. Valencia ist mir wirklich schon ans Herz gewachsen... Auch seine Bewohner. Dank des lieben Spaniers, der inzwischen übrigens fester Bestandteil meines Lebens geworden ist, hatte ich von Anfang an mehr Kontakt zu Einheimischen als zu anderen ausländischen Studenten. Das half beim Sprachen lernen und beim Freunde finden. Inzwischen fühle ich mich hier bestens aufgehoben, habe eine Familie und Freunde, auf die ich zählen kann, eine Arbeit, die mir Spaß macht und eine Wohnung, in der ich mich wohl fühle. Gesund sind gottseidank auch alle, die mir wichtig sind und mehr brauche ich nicht, um glücklich zu sein.
- Wie unterscheidet sich Ihr Leben – Arbeits- wie Privatleben – nun von Ihrem Leben in Österreich? Gibt es Dinge, die Sie vielleicht zuhause niemals getan hätten? Hobbys, Alltagsrituale und Gewohnheiten?
Diese Frage ist für mich schwierig zu beantworten, das österreichische Arbeitsleben kenne ich ja nur von Ferialjobs und Teilzeitarbeit während des Studiums. Ich habe aber hier den Ein-druck gewonnen, dass 40 Wochenstunden generell nur am Papier 40 sind, sich in der Praxis aber ohne jeglichen Widerstand des Arbeitnehmers ins Unendliche ausweiten können. In mei-ner jetzigen Arbeit gibt es allerdings ein harmonisches Geben und Nehmen, das Einzige was ich eventuell anpassen würde, sind die Arbeitszeiten – nach der Devise früher anfangen, we-niger Mittagspause und früher nach Hause gehen. Ein Hobby, das ich zu Hause bestimmt nicht hätte, ist das Padel spielen. Diese Mischung aus Tennis und Squash kennt man in Österreich nämlich nicht. Ein anderer Unterschied zu mei-nem Leben in Österreich ist mein Tagesrhythmus. Nachdem die Sonne hier länger scheint kann man den Tag länger genießen. 18Uhr ist erst mitten am Nachmittag! Im Großen und Ganzen denke ich, dass das Leben in Valencia und in Österreich ziemlich ähnlich ist – Kulturschock bekommt man am Mittelmeer keinen ;)
- Haben Sie das Gefühl, das Leben in einem anderen Land hat Ihren Horizont erweitert? Haben Sie neue Sichtweisen gewonnen und wenn so, welche?
AWas ich ganz sicher gelernt habe, ist Distanzen anders einzuschätzen. In Österreich kam es mir schon weit vor, 200 Kilometer von meinen Eltern entfernt zu wohnen. Heute ist das für mich schon fast ums Eck. Spanien ist so groß, dass man auch nach 10 Stunden Autofahrt noch nicht unbedingt an eine Landesgrenze gestoßen sein muss. Aber ich denke, dass mein Auslandsaufenthalt mich und mein Denken auch in anderen Bereichen verändert hat. Zum Beispiel bin ich am Anfang noch durch die sprachliche Barriere öf-ters an Grenzen gestoßen und musste Hürden überwinden, die ich in Österreich bestimmt nicht vorgefunden hätte. Ich habe im Endeffekt aber doch immer alle meine Ziele erreicht und das hat mir bestimmt mehr Selbstwertgefühl und mehr Selbstvertrauen gegeben. In den letzten Jahren musste ich leider miterleben, wie Freunde und Bekannte aus allen Sekto-ren wegen der Wirtschaftskrise ihre Arbeit verloren haben und trotz intensiver Suche und mehr oder weniger Zusatzqualifikationen keine neue Arbeit gefunden haben. Das hat mir ge-zeigt, dass man nichts als selbstverständlich hinnehmen darf. Ich bemühe mich nun jeden Tag meine Arbeit so gut wie möglich zu erledigen und einen Teil meiner Freizeit für Weiterbil-dung zu verwenden – man weiss ja nie was man noch brauchen kann...
- Würden Sie diesen Schritt, ins Ausland zu gehen (zum Studieren bzw. Arbeiten) weiterempfehlen? Welche Eigenschaften sollte man mitbringen? Worauf sollte man sich einstellen, sprich, welche Erwartungen sind realistisch?
Auf jeden Fall! Ganz egal, ob zum Studieren oder zum Arbeiten, ein Auslandsaufenthalt macht immer Sinn. Sich selbst als Ausländer zu „spüren“, an einem anderen Ort unter er-schwerten Bedingungen neu anfangen zu müssen und dafür Menschen aus anderen Ländern und Kulturen kennenzulernen und eine Fremdsprache zu lernen bzw. zu perfektionieren, kann nur positiv sein. Aus persönlicher und politischer Sicht - falls Europa nämlich mehr als nur ein gemeinsamer Wirtschaftsraum sein soll - ist es meiner Meinung nach unbedingt notwen-dig, dass sich die Menschen aus allen sozialen Schichten immer mehr miteinander vernetzen und das Gefühl für ein globales „Wir“ entwickeln. Damit ein Auslandsaufenthalt zu einem positiven Erlebnis wird, sollte man sich allerdings schon gründlich darauf vorbereiten und darf sich nicht erwarten, dass vom ersten Tag an alles fantastisch sein wird. Es kann Probleme bei der Wohnungssuche geben, es kann dauern, bis man Freunde findet, weil die Sprachbarriere noch zu groß ist und es kann sein, dass man sich erst an den Lebensrhythmus und das Essen gewöhnen muss. Auch Heimweh lässt sich wahr-scheinlich nicht so leicht vermeiden. Aber wenn man weiss, dass all das auf einen zukommen kann und man trotzdem Lust hat den Schritt zu wagen, wird man ihn bestimmt nicht bereuen. Und das sage ich aus eigener Erfahrung.
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Ukraine |
Dr. Vitaliy Kryvoruchko 
Kontakt: vitaliy.kryvoruchko@alumni.boku.wien
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